Interessengemeinschaft Modellbahn Kaarst eV

 
 
 

DB-Anlage / digitla / umbau

Umbau der Steuerung für die Anlage Karlsforst

Text und Bilder: Heinrich

Zur Einweihung unserer umgebauten Anlage hatten wir zu diesem Thema hier einen "Zeitungsartikel" veröffentlicht. Die technischen Eigenschaften werden dort aber nicht beschrieben. Das soll nun nachgeholt werden.

Vorgeschichte

Es gibt 2 Richtungen, in die man eine Modellbahnsteuerung entwickeln bzw. auslegen kann.
Die Extreme sehen dabei in etwa so aus:

  • Fahren, Schalten, Überprüfen von Hand
    Vorteile:    einfacher Aufbau, hohe Flexibilität
    Nachteile:  keine automatischen Abläufe, keine Fahrwegabsicherungen

  • Automatik wo es geht … praktisch keine Eingriffe von Hand
    Vorteile:    automatisierter und abgesicherter Betrieb
  • Nachteile:  keine spontanen Eingriffe (z.B. mal eine neue Lok ausprobieren), hoher                Aufwand bei Bau und Wartung

Zwischen diesen beiden Richtungen muss man einen angemessenen Weg finden. Die IGM hatte lange Zeit das System MPC in Betrieb, das der Richtung 2 sehr nahe kam. Für Ausstellungen und bei einem homogenen Fahrzeugpark (z.B. nur analog) war dies auch ein guter Weg.

Unser Fahrzeugpark (fast alle Fahrzeuge gehören den Mitgliedern) wurde im Laufe der Jahre immer größer und auch immer inhomogener. Die Analogfahrer wurden gut bedient, die Digitalfahrer mussten jedoch ebenfalls analog fahren. Bei immer mehr neuen Fahrzeugen waren erhebliche Funktionseinschränkungen hinzunehmen. Das notwendige "Einmessen" der Fahrzeuge erwies sich zunehmend als Erschwernis, da immer ein "Experte" dafür nötig war. Manche neuen Fahrzeuge mit Multiprotokolldecoder oder Sound fuhren überhaupt nicht mehr oder sehr unzulänglich. Hinzu kam, dass MPC sehr komplex ist, was nicht jedem Vereinsmitglied liegt. Unsere schöne Anlage ging zunehmend seltener in Betrieb. Ein anderes Konzept sollte her.

Unser neues Konzept

  • Wir wollten unsere Anlage so umgestalten, dass sowohl Analog- als auch Digitalfahrer auf ihre Kosten kommen.
  • Neue oder bisher unbenutzte Fahrzeuge, auch Gastfahrzeuge, sollte jeder mitbringen und so einfach wie möglich in Betrieb nehmen können.
  • Wir waren bereit auf viele Automatismen zu verzichten. Wir wollten uns aber offenlassen, einen Teil der Automatismen wieder einzuführen, wenn sich dies als notwendig herausstellen sollte.
  • Wir wollten den Umbauaufwand gering halten.

Die Lösung

Die Anlage Karlsforst ist im Prinzip eine zweigleisige Ovalanlage mit einem zentralen Durchgangsbahnhof. Dazu kommen ein Rangierbereich und ein Bahnbetriebswerk. Wir haben die Anlage nun in 4 Bereiche aufgeteilt:

  • Außenkreis (äußeres Gleisoval mit 3 zugeordneten Bahnhofsgleisen)
  • Innenkreis (inneres Gleisoval mit 3 zugeordneten Bahnhofsgleisen)
  • Rangierbereich (wie bisher)
  • Bahnbetriebwerk (wie bisher)

Der Außenkreis einschließlich seiner 3 Bahnhofsgleise kann unabhängig von den andern 3 Bereichen wahlweise komplett analog oder komplett digital betrieben werden. Das gleiche gilt für den Innenkreis mit seinen 3 Bahnhofsgleisen. Wir können also je nach Bedarf kombinieren.

Den Rangierbereich und das Bahnbetriebswerk haben wir bisher schon ausschließlich digital betreiben. Hier werden wir auch künftig auf eine Umschaltmöglichkeit verzichten.
Sowohl für den Außenkreis als auch für den Innenkreis gibt es folgende Schaltlogik:

  • Ist der Kreis im Analogbetrieb, ist immer nur eines der 3 Bahnhofsgleise mit Fahrspannung beaufschlagt. Die anderen beiden Bahnhofsgleise sind stromlos, so dass dort Fahrzeuge stehen können. Dieses Abschalten der Gleise erfolgt zusammen mit den entsprechenden Weichen… ganz wie früher bei Papa.
  • Ist der Kreis dagegen im Digitalbetrieb bleiben alle 3 Bahnhofsgleise unter Strom. So bleiben alle Fahrzeugfunktionen, vor allem die Lichtfunktionen in Betrieb.

Alle Weichen (später auch die Signale) werden jetzt digital geschaltet wobei die jeweiligen vorhandenen Antriebe weiterverwendet werden.

Die Spannungsversorgung für Fahren und Schalten sind auch bei Digitalbetrieb in allen Bereichen strikt voneinander getrennt. Dies hat den Umbauaufwand erheblich reduziert und erleichtert die Fehlersuche bei Störungen.

Weichendecoder

Da sowohl Weichenantriebe mit Magnetspulenantrieb (Roco) als auch motorische Weichenantriebe (Tillig) beim Bau der Anlage verwendet worden waren, haben wir Ausschau gehalten nach einem universellen Weichendecoder. Unsere Wahl fiel auf den LS150 von Lenz mit seinen 6 Ausgängen.

Die Anlage ist in transportable Segmente aufgeteilt. Wir wollten diese Zerlegbarkeit erhalten und haben uns daher entschlossen die Weichendecoder immer so unter einem Segment anzuordnen, dass immer nur Weichen auf dem gleichen Segment angesteuert werden. Dies bedeutet, dass bei einigen Weichendecodern nicht alle Ausgänge belegt sind. Das mussten wir hinnehmen.

Jeder Weichendecoder wurde auf eine Platte von etwa 6 x 150 x 150 mm geschraubt, mit Steckbuchsen und Kontrollleuchten versehen sowie komplett beschriftet. Die so vorbereiteten Weichendecodermodule wurden so unter die Segmente geschraubt, dass die Decoder 45° nach unten weisen. Dadurch hat man eine optimale Zugänglichkeit bei Wartungsarbeiten.

Die Verbindung der Segmente untereinander besteht für die Weichen nun aus einem langen Kabel mit lediglich 4 Adern, an dem bei jedem Segment Stecker herausgeführt sind. Für einen Transport der Anlage muss also nur dieses Kabel entfernt werden.

Relaisdecoder

Für den Analogbetrieb benötigt man eine Ansteuerung von Relais. Hier fiel unsere Wahl auf den Decoder Relais4 aus dem Decoderwerk. Damit kann man sehr elegant die im Analogbetrieb notwendige Gleisabschaltung vornehmen. Im Gegensatz zu den Weichendecodern wurden die Relaisdecoder zentral angeordnet und der Fahrstrom über die bei der Anlage vorhandene Verdrahtung eingespeist. Auch diese Verdrahtung ist steckbar, um die Anlagensegmente für einen Transport trennen zu können.

Relais

Weitere Relais haben wir durch Kannibalisierung eines sehr preiswerten 8-fach Relaismoduls für unsere Zwecke nutzbar gemacht.

Fahrgeräte

  • für den Analogbetrieb

    Hier kommen 2 gute alte Titan-Regeltrafos zum Einsatz, die an zentraler Stelle fest aufgebaut wurden. Jeweils einer für Außen- und Innenkreis.

  • für den digitalen Fahrbetrieb

    Hier kommen eine Lenz-Zentrale LZV101 mit einem Booster sowie mehrere LH100-Handregler zum Einsatz. Für diejenigen Mitglieder, die einen Drehregler bevorzugen, sind auch Multimäuse von Roco (rot) verfügbar.

Die Einspeisung des Fahrstromes erfolgt an zentraler Stelle über Bananenstecker. Für Testzwecke kann daher auch leicht mal eine andere Zentrale angeschlossen werden.
Dabei kann man dies auf den Außenkreis oder den Innenkreis beschränken, oder auch generell vorsehen.

Zentrale zum Schalten

Hierzu haben wir zur weißen z21-start von Roco gegriffen (aus einer Anfangspackung). Sie haben richtig gelesen: Wir verwenden sie nur zum Schalten

Die z21 ist recht preiswert und bringt über die z21-APP auch gleich eine Möglichkeit mit, ein Gleisbildstellwerk aufzubauen. Durch einige Tests mit einer bereits vorhandenen Zentrale konnten wir herausfinden, dass diese kleine Zentrale keine Mühe hat, unsere ca. 50 Weichen anzusteuern. Auch eine später vielleicht notwendige Gleisbesetztmeldung ist möglich.

So funktional die z21-APP auch ist, es gab anfänglich eine Hürde. Diese bestand darin, dass das Gleisbildstellwerk für unsere Anlage auf einem 10“ Tablet-Computer viel zu klein für Augen und Finger unserer Vereinsmitglieder gewesen wäre.

Wir haben daher von Anfang an einen 21“ Tablet-Computer (Xoro MegaPAD 2154 mit Android Betriebssystem) beschafft. Die z21-APP lässt sich hierauf ebenso problemlos installieren wie auf einem kleinen Tablet oder auf einem Smartphone. Die Bedienung per Touch-Screen ist sehr anschaulich und wurde von allen Vereinsmitgliedern schon nach kurzer Eingewöhnung akzeptiert. Das ist uns sehr wichtig.

Besonders die einfache Bedienung der Fahrstraßen ist ein dickes Plus. Hinzu kommt, dass die Stellwerksbedienung im analogen wie im digitalen Fahrbetrieb exakt gleich ist, weil wir die Gleisabschaltung mit einbezogen haben.

Der eine oder andere Leser mag einwenden, dass die Nachbildung des Gleisbildstellwerkes der z21-APP nicht einem realen Vorbild entspricht und dass mechanische Taster fehlen. Dafür ist die Lösung im Vergleich zu anderen Stellwerken aber ungemein preiswert und sehr flexibel. Auch der Aufbau geht sehr schnell. Für uns ist es ein sehr guter Kompromiss.

Betriebserfahrung nach ca. 3 Monaten

Beim derzeitigen Stand des Anlagenumbaus (also noch ohne jede Rückmeldung) erfolgt jede Zugbewegung von Hand und das Fahren auf Sicht. Jeder unserer "Lokführer" ist beschäftigt anstatt einer Automatik bei der Arbeit zuzusehen. Die Fahrstraßen entlasten uns wie beim Vorbild vom lästigen und fehlerbehafteten Stellen einzelner Weichen.

Trotz fehlender Gleisüberwachung sind Betriebsstörungen oder gar Kollisionen sehr selten. Das gilt auch für den analog-digitalen-Mischbetrieb. Meine ursprünglichen Befürchtungen, dass es ohne Gleisüberwachung nicht geht, haben sich bis auf weiteres zerschlagen.

Fazit

Mit der Hand am Regler und den Augen auf der Anlage sieht man durchaus zufriedene Gesichter.