Interessengemeinschaft Modellbahn Kaarst eV

 
 
 

Hafen-Anlage / bauberichte / brücke

Eine bewegliche Eisenbahnbrücke im Hafen - Teil 1

Text und Bilder: Heinrich

In diesem ersten Teil möchte ich Auswahl und Bau des Brückenträgers beschreiben. In einem zweiten Teil werden Sie dann etwas über den Antrieb unserer Brücke erfahren.

Neben vielen anderen reizvollen Bauten, Fahrzeugen und Szenen, sind Brücken in einem Hafen ein wichtiges Element. Das gilt sowohl für das Vorbild, als auch für eine Modellanlage. Dort sind Brücken oft der einzige Weg, die beiden Verkehrsträger Schiff und Eisenbahn auf kleinem Raum zu verzahnen.

Bei einem Binnenhafen kommt hinzu, dass der Höhenunterschied zwischen Wasseroberfläche und den Schienenwegen nicht sehr groß ist. Deshalb müssen beim Vorbild oft bewegliche Brücken errichtet werden. Im Modell bringen solche Brücken sowohl ein schönes Bewegungselement als auch anspruchsvolle Betriebsabläufe ins Spiel. Darauf wollten wir bei der IGM nicht verzichten.

Beweglich … aber wie ?

Da Klappbrücken auf der Anlage zusätzlichen Platz an einem Ufer beanspruchen würden und eine Drehbrücke einen Pfeiler in der Mitte unseres ohnehin schmalen Hafenbeckens erfordert hätte, fiel unsere Wahl auf eine Hubbrücke. In einem Binnenhafen ist es übrigens oft ausreichend, die Brücke nur um wenige Meter anzuheben, um die nicht allzu hohen Binnenschiffe durchzulassen.

Brückenanordnung in Vorbild und Modell

Beim Vorbild versucht man, eine Brücke immer im rechten Winkel über einen anderen Verkehrsweg kreuzen zu lassen, damit der Brückenträger möglichst kurz ausgeführt werden kann. Zum Leidwesen der Planer beim Vorbild und zur Freude von uns Modellbahnern gelingt dies aber nicht immer. Es ist daher vorbildgerecht und aus unserer Sicht besonders reizvoll, eine Brücke schräg über ein Hafenbecken zu führen, wie Sie es auf dem Titelbild sehen.

Konstruktion der Brücken

Viele stählerne Eisenbahnbrücken wurden im ausgehenden 19. Jahrhundert erbaut. Zu dieser Zeit war man in der Lage, Stähle von gleichbleibend hoher Qualität für den Brückenbau herzustellen. Die Verbindung der Stahlelemente musste allerdings aufwändig mit Nieten erfolgen. An den technischen Hochschulen wurden gleichzeitig die Verfahren zur Berechnung von Brücken immer weiter verfeinert, so dass man an entscheidenden Stellen Material und damit auch Gewicht einsparen konnte. Nicht zuletzt spielen beim Brückenbau ästhetische Überlegungen immer eine große Rolle.

Die Erbauer eines schönen Vorbildes im norddeutschen Raum hatten eine ähnliche Spannweite zu überbrücken wie wir bei unserer Hafenanlage (1:87 umgerechnet natürlich). Sie waren zum Ergebnis gekommen, dass ein Halbparabelträger eine leichte und elegante Lösung ist. Leicht ist dabei relativ. Das Vorbild wiegt bei einer Spannweite von 45 m nur ca. 240 t !

Wer sich näher mit den verschiedenen Konstruktionen von stählernen Brücken beschäftigen möchte, sollte im Internet unter den Stichwörtern Parabelträger, Halbparabelträger oder Schwedlerträger suchen. Das ist fast so interessant, wie das Baureihenstudium bei Dampflokomotiven.

Große Brückenspannweite … was tun ?

In unserem Fall ergibt sich eine Brückenspannweite von ca. 560 mm. Schnell zeigte sich hierbei, dass es praktisch keine hochwertigen Bausätze mit einer so großen Spannweite zu kaufen gibt. Dagegen ist das Angebot an schön gestalteten kürzeren Brücken recht groß. Daraus musste doch etwas zu machen sein. Die Wahl fiel auf die Verwendung von zwei Bausätzen (Kastenbrücke 2546 von Vollmer), die zu einer Brücke zusammengefügt werden sollten. Diese Kastenbrücke zeigt zumindest alle wesentlichen Konstruktionseinzelheiten einer solchen Stahlbrücke. Die Brücke ist deutlich besser als das Bild auf der Verpackung.
Es wäre recht einfach gewesen, diese Bausätze einfach zu einer einzelnen, längeren Kastenbrücke zu vereinen. Das wäre aber dem Vorbild nicht gerecht geworden. Ein Halbparabelträger musste es schon sein.

Schritte beim Bau

Hat man sich einmal dazu durchgerungen am Vorbild zu bleiben, ist der Bau zwar eine Fleißarbeit, aber nicht besonders schwierig. Die Werkzeuge hat jeder Modellbauer, der Bausätze zusammenbaut, ohnehin in seiner Werkzeugkiste.

Nagelbrett

Im ersten Schritt wurde eine vereinfachte (aber präzise) Zeichnung erstellt und diese Zeichnung auf eine 20 mm starke Platte aufgeklebt. Nun werden Bohrungen eingebracht, in die man Nägel zum Fixieren der Bauteile stecken kann. Die Nägel müssen sich leicht wieder herausziehen lassen, da man 4 Seitenteile (2 äußere und 2 innere) anfertigen muss. An der Unterkante klebt man zweckmäßigerweise noch eine gerade Leiste auf.


Die Untergurte der Brücke bleiben gerade. Die horizontale Fachwerkteilung der Brücken-bausätze bleibt erhalten. Die Obergurte werden vorsichtig oberhalb der Knotenbleche abgetrennt, in der Mitte zu einem langen Stab verbunden und gebogen auf dem "Nagelbrett" fixiert. Der so entstehende gebogene Obergurt steht unter Biegespannung. Wenn nachher alles zusammengeklebt ist, bleibt er in dieser Form, man muss nicht vorbiegen.




Nun müssen die schrägen Fachwerkstäbe unten vorsichtig gebogen und in der Länge angepasst werden. Abschließend werden sie mit den genieteten Knotenblechen wieder mit dem gebogenen Obergurt verbunden. Kleine Streifen aus 0,5 mm dickem Polystyrol (auf den Bildern weiß und gelb sichtbar) stabilisieren das Ganze. Das ist schon ein wenig Fummelei, aber man kann ja auch mal ein Päuschen einlegen.

Sind die Seitenteile soweit fertig, geht man im Prinzip wie beim Ursprungsbausatz weiter vor. Aus jeweils einem inneren und äußeren Seitenteil entsteht ein seitliches Tragwerk. Alternativ kann man die Seitenteile auch jeweils komplett auf dem Nagelbrett aufbauen, wie man es auf den folgenden Bildern sieht. Das ist letztlich Geschmacksache.



Die seitlichen Tragwerke werden als nächstes mit den unteren Querträgern, die später das Gleis tragen werden, verbunden. Dann werden die oberen und unteren Windverbände und schließlich der Schlingerverband eingeklebt. Beim oberen Windverband wird beim Vorbild der erste und letzte Querriegel kräftiger ausgeführt, da der Windverband nicht bis zu den Brückenenden hin ausgeführt werden kann. Man kann dazu kurzerhand zwei der übrig bleibenden Querträger verwenden. Sie sehen das im folgenden Bild:

Patinierung

Als nächster Schritt ist die Patinierung der Brücke an der Reihe. Zunächst müssen die gelben und weißen Polystyrolstreifen farblich der Brücke angeglichen werden. Aus Tamiya-Farben wird eine kleine Farbmenge angemischt (grau, grün und blau) und mit Pinsel aufgetragen. Dann wird die gesamte Brücke mit Mattlack (z.B. Humbrol Acrylic Varnish) behandelt. Hier sollte man nur wenig Mattlack aufsprühen, da sonst dessen aufhellende Wirkung zu stark wird.

Auf der nun matten Oberfläche kann man mit hartem Pinsel und trockenen Farbpigmenten Schmutz und Rostspuren darstellen. Dieser Arbeitsschritt erfordert mehrere Stunden. Die waagerechten Flächen werden immer etwas dunkler gestaltet. Da liegt nun mal der meiste Dreck. Mancher dürfte das aus seiner Modellwerkstatt ja kennen ;-) Mit einem feuchten Schwämmchen kann man die Nieten wieder etwas aufhellen und damit etwas hervorheben. Beim Vorbild macht das Petrus ganz ohne Schwämmchen.


Gleise, Bohlen und Geländer

Zunächst wurde ein Stück Flexgleis vorbereitet, in dem man es an einem Lineal gerade ausrichtet und mit gutem Sekundenkleber (z.B. Pattex) Bohlen in die Gleismitte klebt (z.B. gelaserte Bodenplatte 2231 von Moebo). Dadurch bleibt das Gleisstück gerade und zumindest die Bohlen in der Gleismitte muss man später nicht einzeln in die Brücke friemeln. Nun kann man das Gleisstück mit Sekundenkleber in die Brücke einkleben.

Friemeln muss man dagegen bei den seitlichen Bohlen, die auf die zuvor eingeklebten Bausatz-Plastikbohlen aufgeklebt werden. Ich habe zuerst die 5 durchlaufenden Bohlen und dann erst die Bohlenstücke zwischen den Aussteifungen der Querträger verlegt (verklebt). Ganz dezent kann man mit Pigmentfarben noch etwas Schmutz, Öl und Flugrost auf den Bohlen andeuten.

Ganz zum Schluss wurden die zuvor mit Mattlack behandelten Geländer eingeklebt: Schon wieder friemeln! Hier bleibt sogar der eine oder andere Fluch nicht aus. Die Geländer sind übrigens nur an den schrägen Streben der Querträger verklebt. So kann man sich das Bohren der Bohlen erspahren. Glänzende Klebestellen lassen sich leider trotz aller Sorfalt dabei nicht ganz vermeiden. Mit ganz wenig Prigmentfarbe in dunklem Rostton ist das Problem aber leicht behoben.


Beim Vorbild gibt es übrigens verschiedene Anordnungen von Bohlenbelägen. Hier ist wie so oft das Internet eine gute Informationsquelle und der eigene Geschmack das Maß der Dinge. Mir ging es z.B. darum, dass man zwischen den Gleisen hindurch noch ein wenig auf die Wasseroberfläche sehen kann.

Abschließende Gedanken


Der Bau einer individuellen Brücke nach Maß ist zwar erheblich aufwändiger als das Zusammenkleben eines Bausatzes. Dafür macht aber schon der Bau selbst und natürlich das Ergebnis umso mehr Spaß.

Manche Bausätze sind sehr gut und können damit als Ausgangsbasis dienen. Andere Bausätze sind dagegen völlig vorbildwidrig und auch sehr schlecht im Detail. Bei Lokomotiven und Wagen würde so etwas niemand akzeptieren.

Fazit

Konstruktion und Ausführung einer Modellbrücke sollte in etwa der Qualität der über sie verkehrenden Eisenbahnfahrzeuge gerecht werden.